Unternehmen in unseren Köpfen

Ein interaktiver Theaterabend mit Utz Ebert und Mir Mubashir von theater*system

Unternehmen in unseren KoepfenBekanntermaßen warnte der Club of Rome die Industrienationen schon vor gut vier Jahrzehnten vor den „Grenzen des Wachstums“. Heute erinnert die Degrowth-Bewegung daran, dass Wirtschaftswachstum nicht allein glücklich macht. Um die Themen Wirtschaft und Glück ging es ebenfalls in der Veranstaltung „Unternehmen in den Köpfen“, zu der WELTbewusst erLEBEN zusammen mit der interaktiven Theatergruppe theater*system in Berlin-Steglitz eingeladen hatten.

Unternehmensbotschaften beeinflussen unser Denken und Fühlen

DSCF0014Ausgehend von der Annah­me, dass unser Denken und Fühlen durch den Einfluss von Wirtschaftsunter­nehmen und deren Bot­schaften beeinflusst ist, standen wir KonsumentInnen im Scheinwerferlicht. Wer kennt es nicht, das Gefühl eine (Kauf-)Entschei­dung von einer Werbung oder von einer uns durch Werbung vermittelten Idealvorstellung abhängig gemacht zu haben? Die vom kanadischen Theaterma­cher David Diamond, einem Schüler Augusto Boals, entwickelte Technik „Unter­nehmen in den Köpfen“ sucht nach ebensol­chen Entscheidungssituationen im realen Leben der teilnehmenden Zu-Schau­spielerInnen.

Reise ins kollektive Unterbewusstsein

So begaben sich an einem lauen Sommerabend im August acht experi­mentierfreudige TeilnehmerInnen auf der Suche nach Unternehmensbot­schaften auf eine Reise ins Unbekannte – hinein in unsere Köpfe und in un­ser kol­lektives Unterbewusstsein. Im Verlauf dieser Reise manifestierten sich abstrakte Bilder von Werbebot­schaften zu realen zwischenmenschlichen Beziehungen, die – so drückte es eine Teilneh­merIn aus – ersichtlich Druck auf Konsument*innen ausüben. Dies spielerisch zu enthüllen und mittels eines emotionalen und symbolischen Dia­logs mit der Sprache des Theaters auszudrücken, machte den Anwesenden sehr viel Spaß.

Fair = besser?

In der Diskussion gingen die Meinungen auseinander, inwiefern dieser Druck durch Unternehmensbotschaften wahrhaftig unsere Kaufentscheidungen beein­flusse. Es wurde aber klar, dass wirkliche zwischenmenschliche Be­ziehungen vor ungesunden Unternehmensbotschaften schützen, die Kontrolle über unser Denken und Fühlen zu erlangen versuchen. Ebenfalls zum Weiterdenken regte der Themenkomplex Sozialunternehmen und Zertifizierungen an: Sind die auch ungesund? Inwiefern dient Labeling z.B. mit Fair Trade-Siegeln dazu, unser Gewissen zu beruhigen? Und inwiefern ist das schlecht – oder auch nicht? Kann man den Botschaften von Nachhaltigkeit und fairen Produktionsbedingungen überhaupt trauen?

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Wie gehen wir damit um?

Im Theaterspiel boten die Teilnehmenden Strategien zum Umgang mit Unter­nehmensbotschaften an, so z.B. den Versuch eine Spielfigur, die einen Hybrid aus der Allianz-Versicherung und einem Polizisten darstellte, in ein ernsthaftes Gespräch über seine ehrenwerten(?) Absichten zu verwickeln. Der konkrete Ausgangspunkt der Spielszenen war die Geschichte eines Eis­kaufs in einer lauen Sommernacht.

So überraschte es auch nicht, dass eine Teilnehmerin dann in der Abschlussrunde zu vorgerückter Stunde dazu anreg­te, dass mensch doch auch einmal aufhören dürfe, über ethische und sonstige Probleme nachzudenken, um sich einfach ein Eis zu gönnen. Soviel Glück müsse doch erlaubt sein! Wobei auch diese heilsame Vorstellung eine Werbe­botschaft auslöst: Wie war noch gleich der Jingle der einer großen Versicherung? – „…dann bist Du voll und ganz versichert. Und schließt vom ersten Augenblick, ein festes Bündnis mit dem Glück.“